Von der Kunst miteinander zu Reden

22. Dezember 2022

Die Kunst des Miteinander-Redens in Zeiten des Hasses

Tagungsbesuch November 2022

 

Im November waren wir im Literaturhaus Stuttgart auf einer Tagung, die sich mit dem Thema beschäftigte, wie wir in Zeiten miteinander umgehen und miteinander im Gespräch bleiben können, insbesondere auch dann, wenn das gegenüber anderer Meinung ist und vielleicht sogar propagandistische Reden reproduziert.

Zu Beginn hielt Prof. Dr. Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, einen einleitenden Vortrag. Herr Pörksen stellte fünf Prinzipien vor, die für ein gutes Miteinander essentiell sind:

  1. Das Prinzip der öffnenden Wertschätzung

Dieses Prinzip besagt, dass man mit seinem gegenüber erst in Beziehung treten muss, bevor Kommunikation beginnen kann. Wenn man sich wertfrei begegnet, ohne Vorurteile behaftet zu sein, dann ist Offenheit und Interesse für das gegenüber da und Kommunikation wird ermöglicht.

  1. Das Prinzip der Perspektivenverschränkung

Das Prinzip besagt, dass es wichtig ist, auch einen Zugang zur Lebenswelt seines Gegenübers zu finden. Nahbarkeit und Kommunikationsbrücken in die Welt des Gegenübers sind wichtig, damit Austausch und Gespräche stattfinden können.

  1. Das Prinzip der doppelten Passung

Kommunikation ist immer auch eine Frage der Haltung. Dafür ist es von Bedeutung, dass die Personen, die miteinander in Interaktion treten, authentisch sind und dementsprechend agieren. Dies bedeutet: die Individuen müssen sich ihrer Rolle und der Situation, in der sie sich befinden, klar sein. Nur wenn Gesagtes und Rolle zusammenpassen, wird Echtheit und Klarheit produziert.

  1. Das Prinzip der Nicht-egozentrischen Aufmerksamkeit

ist ein, im theoretischen Rahmen, sehr einfach zu erklärendes Prinzip, in der Umsetzung kann es jedoch schwierig sein. Das Prinzip der Nicht-egozentrischen Aufmerksamkeit besagt, dass es wichtig ist auszuhalten, dass es mal nicht um mich selbst als Person geht, sondern um mein gegenüber. Aktives Zuhören, nicht werten, keine Bezüge zur eigenen Lebenswelt herzustellen, das erfordert dieses Prinzip.

  1. Das Prinzip der respektvollen Konfrontation

Dieses Prinzip besagt, dass wir uns gegenseitig nicht ausweichen sollen, auch wenn die Gespräche schwierig werden. Wenn es aber zu dem Punkt kommt, an dem die Wörter im Dialog härter und heftiger werden, dann ist es wichtig klar zu trennen zwischen dem Mensch und seiner Position. Streitbar ist die Position eines Menschen, aber nicht der Mensch als Individuum. Wichtig ist also, dass wir einander achten, auch im Streit. Wichtig ist auch, dass wir unseren Mitmenschen gegenüber nicht gleichgültig sind. Und wichtig ist zu guter Letzt auch, dass wir manchmal akzeptieren müssen, dass Dialog nicht mit allen möglich ist.