Das Bildungskonzept der Allianz für Beteiligung

Zivilgesellschaft stärken – Bildung gestalten

Wenn wir als Allianz für Beteiligung Bildungsformate gestalten, sind diese geprägt von unserem Bildungsverständnis. Dieses Verständnis hat sich seit unserer Gründung im Jahr 2012 in stetigem Austausch mit unserem Netzwerk immer weiter geschärft. Wir legen dieses Konzept in schriftlicher Form vor, um unser Bildungsverständnis sichtbar und diskutierbar zu machen. Denn die Bildungsangebote, die wir machen, seien es Informationen, Beratungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote oder Veranstaltungen und Netzwerktreffen, sind Formate für alle. Deshalb sollen alle Nutzer*innen unserer Bildungsangebote aber auch Kooperationspartner*innen wissen, wer wir als Allianz für Beteiligung sind, an was wir uns orientieren und wie wir handeln. Wir laden dazu ein, gemeinsam dieses Bildungsverständnis auch in Zukunft weiter zu schärfen.

I. Wer sind wir

Die Allianz für Beteiligung setzt sich für die Stärkung von Zivilgesellschaft, Bürgerbeteiligung und Demokratie ein. Wir verstehen uns als lebendiges Netzwerk von Akteur*innen, die sich zu Themen und Anliegen der Bürgerbeteiligung austauschen, gegenseitig beraten und unterstützen können. Im Zentrum stehen das Miteinander- und Voneinander-Lernen sowie die Vernetzung. Besonders wichtig ist uns die Einbeziehung der Gruppen, die sich in die Gestaltung von Gesellschaft bislang wenig einbringen. Gemeinsam mit möglichst vielen Menschen stärken wir Strukturen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für eine aktive politische und gesellschaftliche Teilhabe benötigt werden. Wissen und Kenntnisse dafür gewinnen wir an der Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung und nutzen sie insbesondere für die Zivilgesellschaft. Dafür entwickeln wir als Allianz für Beteiligung im Austausch mit unserem Netzwerk und in Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen geeignete Bildungs- und Beratungsformate zur Stärkung von Beteiligung und Teilhabe.

 

II. Woran orientieren wir uns?

SELBSTVERSTÄNDNIS
Bei der Ausgestaltung unserer Bildungsangebote orientierten wir uns an unserem Selbstverständnis. Teilzuhaben, gehört zu werden und mitbestimmen zu können bei all den Dingen, die das eigene Leben und die eigenen Lebensbedingungen betreffen, gehört für die Allianz für Beteiligung zu den elementaren Rechten der Menschen. Um dies auszudrücken, haben wir ein Recht auf Mitgestaltung formuliert: Es geht darum, immer möglichst vielen Menschen Teilhabe zu ermöglichen. Unser Satzungsauftrag ist es, mit Bildungsangeboten auf diese Weise zur Stärkung der Demokratie beizutragen:

Ziel des Vereins ist die Förderung des demokratischen Staatswesens duch geeignete Bildungsveranstaltungen.

Der Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht durch:

  • die Durchführung von Bildungsveranstaltungen zu Instrumenten und Verfahren politsicher Beteiligung
  • die Durchführung von Workshops, Seminaren, Netzwerktreffen u.a. zu den Themen; Inhalte, praktische Methoden und Kompetenzen für politische Beteiligung
Satzung der Allianz für Beteiligung e.V., §2

DEMOKRATIE ALS PROZESS
Unsere Bildungsangebote richten wir auch an unserem Verständnis von einer lebendigen Demokratie aus. Wir sind davon überzeugt, dass mehr Beteiligung zur Vitalisierung der Demokratie (Roth, Roland 2012) beiträgt. Unsere Auffassung ist es, dass Demokratie Menschen benötigt, die sich mitgestaltend beteiligen und teilhaben. Diese Bereitschaft der Menschen muss durch Strukturen unterstützt werden, die nicht starr, sondern entwicklungsfähig sind. Mit Bildungsangeboten zu einer entsprechenden Entwicklung beizutragen, ist auch unser Orientierungspunkt im Bildungsbereich.

GESETZLICHE RAHMENGEBUNG
Da ein übergeordnetes Bildungsrecht nicht existiert, leiten wir unseren Auftrag, Bildungsformate für die Zivilgesellschaft anzubieten, aus Landes- und Bundesgesetzen Deutschlands, aus Europäischen und internationalen Gesetzen und Verordnungen ab (vgl. Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens (WeitBiFöG BW); Verfassung des Landes Baden-Württemberg; Grundgesetz der BRD; Charta der Grundrechte der Europäischen Union; Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen). Diese bestärken uns in unserem Verständnis, dass Teilhabe an Bildung ein Grundpfeiler für unsere demokratische Gesellschaftsform ist.

Unter Nachhaltigkeit von Bildungsformaten bzw. gelungenem Lernen verstehen wir als Allianz für Beteiligung, dass Teilnehmer*innen in ihrer Handlungs- und Reflexionsfähigkeit dahingehend gestärkt werden, dass sie ihr Recht auf Teilhabe an der Gestaltung ihres Lebensumfeldes wahrnehmen und als Multiplikator*innen auf ihre Peer-Groups einwirken können. Bildungsangebote der Allianz für Beteiligung unterstützen auf diesem Weg Akteur*innen der Zivilgesellschaft, damit diese die Zivilgesellschaft, und damit unsere Demokratie, nachhaltig stärken können.

III. Wer ist unsere Zielgruppe?

Wir adressieren unsere Bildungsangebote primär an die nicht verfasste Zivilgesellschaft.
Wir verstehen darunter folgende Gruppen:
• Einzelpersonen
• Initiativen mit und ohne eingetragener Rechtsform
Für diese Gruppen gibt es viele verbindenden Handlungsbereiche mit weiteren gesellschaftlichen Akteur*innen.
Dies sind:
• Verfasste Organe der Zivilgesellschaft (Vereine, Verbände, Stiftungen, usw.)
• Vertreter*innen der Verwaltungen
• Vertreter*innen der Politik
• Berater*innen / Moderator*innen
Indem wir unsere Veranstaltungen auch an diese erweiterte Gruppe adressieren, bieten wir die Chance, Beteiligung gemeinsam zu lernen und zu reflektieren

So wie die Wahl der Örtlichkeit den Zugang öffnen oder begrenzen kann, kann auch die Gestaltung des Bildungsortes gemeinsames Lernen befördern oder behindern. Wir als Allianz für Beteiligung sehen es als unsere Aufgabe an, Bildungsorte gemeinsam mit den Referent*innen und Zielgruppen dahingehend auszuwählen und zu gestalten, dass eine Breite Beteiligung im Sinne einer Teilnahme möglichst aller gefördert wird. In dieses Verständnis schließen wir den analogen und den digitalen Raum ein.

Bildungsorte für gesellschaftliche Teilhabe sind nicht nur in geschlossenen Veranstaltungsräumen zu finden. Bildungsorte können der Marktplatz im Quartier, das Beteiligungsprojekt vor Ort, das Mehrgenerationenhaus im Stadtteil, u.v.m. sein. An diese Vorstellung schließt unser Verständnis an, dass viele Zielgruppen nur erreicht werden, wenn das Bildungsformat zu ihnen kommt und der Bildungsort Teil der Alltagswelt der Zielgruppen ist.

IV. Welche Bildungsangebote machen wir?

a. Informationsangebot

Information und Transparenz ist Voraussetzung für alle Formen der Beteiligung. Die Allianz für Beteiligung stellt deshalb ihre Bildungs- und Informationsmaterialien kostenlos zur Verfügung. Diese stehen auf unserer Homepage
www.allianz-fuer-beteiligung.de zum Herunterladen oder werden auf Anfrage postalisch versandt. In regelmäßigen Blogbeiträgen geben die Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle persönliche Einblicke in aktuelle Beteiligungsthemen und teilen auf diesem Weg ihre eigenen (Lern-)Erfahrungen mit den Nutzer*innen der Homepage. Für Interessierte besteht die Möglichkeit, sich zum Newsletter der Allianz für Beteiligung anzumelden. Sie werden dann in regelmäßigen Abständen per Mail über Neuigkeiten informiert. Veranstaltungen der Allianz für Beteiligung (analog und digital) werden über die Homepage, den Newsletter und die sozialen Medien angekündigt. Unser Netzwerk hat die Möglichkeit, über die Homepage auf Angebote und Aktionen zu Bürgerbeteiligung in
Baden-Württemberg aufmerksam zu machen. Von uns geförderte Projekte werden mit einer kurzen Projektbeschreibung und Ansprechpersonen auf unserer Homepage vorgestellt und können auf diesem Weg zivilgesellschaftliche Akteur*innen motivieren, eigene bürgerschaftliche Projekte zu
initiieren.

Die Allianz für Beteiligung dokumentiert ihre Veranstaltungsangebote und Förderprogramme umfangreich. Die Dokumentationen stehen für alle zugänglich auf unsere Homepage und bieten damit die Chance, von unseren Erfahrungen zu lernen.

Wir als Allianz für Beteiligung schaffen über unsere Homepage freien und kostenlosen Zugang zu Wissensmedien rund um Beteiligungsprozesse. Unsere Homepage und auch die Medien werden Schritt für Schritt in Richtung der Kriterien für Breite Beteiligung erstellt und können von jedem unter bestimmten Voraussetzungen für eigene Zwecke wiederverwendet werden.

b. Beratungsangebot

Unter Beratung versteht die Allianz für Beteiligung zum einen, offen zu sein für die Anliegen und Fragen der Menschen zu Themen der Bürgerbeteiligung und des bürgerschaftlichen Engagements. Im gemeinsamen Austausch bestärken wir diese Menschen darin, ihre eigenen Handlungsansätze vor Ort zu entwickeln. Zum anderen bedeutet Beratung auch, Informationen zu allgemeiner und politischer Teilhabe und den dazugehörenden Prozessen zur Verfügung zu stellen. Beratung findet in der Geschäftsstelle der Allianz für Beteiligung telefonisch, per Mail und im persönlichen Gespräch im Zusammenhang mit den angebotenen Förderprogrammen statt. Themen sind z.B. Förderanträge, Projektinhalte und Finanzierungsmöglichkeiten von Bürgerbeteiligung. Darüber hinaus finden Interessierte in unserem Netzwerk unabhängige Berater*innen für die Prozessbegleitungen von Beteiligungsvorhaben oder für die Unterstützung bei der Moderation eines Beteiligungsformats.

Über diese Expert*innen- und Prozessberatung hinaus unterstützen wir mit Angeboten wie z.B. Gesprächskreisen und Denkräumen die Peer-to-Peer Beratung. Hier beraten sich Personen wechselseitig zu Herausforderungen ihres Beteiligungs-Alltags und entwerfen gemeinsame Lösungsansätze. Die Allianz für Beteiligung gestaltet auch hier den Rahmen für solche Beratungsformen und übernimmt organisatorische und moderierende Aufgaben im Beratungsprozess.

Eine Beratung von nicht verfassten Gruppen der Zivilgesellschaft muss aus einer Hand erfolgen. Sie muss in ein Umfeld eingebunden sein, dass dem oder der Berater*in die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellt. Idealerweise verfügt der oder die Berater*in bereits über einschlägige Kenntnisse aus der Arbeit mit solchen Gruppen. Die Allianz für Beteiligung kann diesen Anspruch an Beratung in besonderer Weise leisten.

Wir als Allianz für Beteiligung sehen es nicht als unserer Aufgabe an, individuelle Spannungsfelder aufzulösen. Wir unterstützen aber darin, Herausforderungen sichtbar zu machen und bieten Beratung und Unterstützung auf dem Weg zur individuellen Lösung an. Dabei sensibilisieren wir dafür, dass es nicht nur die eine Lösung geben kann und bereits eine Annäherung an eine Lösung ein wichtiger Schritt ist. Mit diesem Ansatz stärken wir die Sicht auf die Handlungsfähigkeit von Menschen.

c. Qualifizierungsangebote

Beteiligung ist nicht voraussetzungslos, sondern braucht entsprechende Kompetenzen. Die Allianz für Beteiligung fördert im Rahmen ihrer Möglichkeiten Qualifizierungsangebote. Dazu kooperiert sie mit anderen Einrichtungen, wie z.B. gegenwärtig mit der Quartiersakademie Baden-Württemberg und macht ggf. ergänzende eigene Angebote. Zielgruppe dieser Angebote sind insbesondere Gruppen der nicht verfassten Zivilgesellschaft und Personen, die als Berater*innen und Moderator*innen im Feld der Beteiligung arbeiten. Einen besonderen Schwerpunkt stellt dabei die Stärkung der Personen dar, die als
zentrale Akteur*innen für lokale zivilgesellschaftliche Netzwerke agieren.

Diese Auffassung setzt eine grundlegende Wertschätzung gegenüber jedem Menschen und seinen individuellen Ressourcen voraus. Wir als Allianz für Beteiligung schaffen vertrauensvolle und sichere (Lern)-Umgebungen, die Raum und Zeit zur Verfügung stellen, diese Individualität sichtbar zu machen und gegenseitig anzuerkennen. Durch einen strukturierten Aushandlungsprozess gemeinsamer (Lern)-Ziele, können die Bedürfnisse und die Ressourcen von allen Beteiligten sichtbar werden. Diese Herangehensweise weitet den Raum vom anerkannten Individuum auf die Gesamtheit aller Beteiligten und ist Grundlage für Breite Beteiligung

d. Netzwerktreffen und Veranstaltungen

Die Allianz für Beteiligung ist ein Netzwerk aus vielen Akteur*innen, die im Feld der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe engagiert sind. Netzwerktreffen bieten den Teilnehmer*innen u.a. den Rahmen, sich zu individuell gemachten Erfahrungen auszutauschen, miteinander und voneinander zu lernen und sich zu vernetzen. Diese Treffen bieten wir einmal im Jahr an wechselnden Orten in Baden-Württemberg an und laden dazu alle Interessierten ein. Als erweitertes Netzwerktreffen veranstalten wir den Beteiligungskongress Baden-Württemberg. Unter wechselnden Themenschwerpunkten der Bürgerbeteiligung geben wir Menschen aus Zivilgesellschaft, Verwaltung, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft die Möglichkeit, sich auszutauschen und ihre Projekte vorzustellen.

Zahlreiche weitere kleinere und größere Veranstaltungen bringen Menschen aus Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik zusammen, um Gesellschaft gemeinsam zu gestalten. Auf informellem Weg können in diesen Formaten persönliche Fertigkeiten erlernt und erprobt werden, die für die aktive Teilhabe wichtig sind. Hierzu zählen z.B. Runde Tische, digitale und analoge Projekttreffen, digitale Stammtische, Expert*innenvorträge, Diskussionsrunden u.v.m.

Die Allianz für Beteiligung unterstützt diese Form des Lernens durch Veranstaltungen zu Themen der allgemeinen und politischen Teilhabe und indem sie über ihr Netzwerk Strukturen für den Austausch zwischen zivilgesellschaftlich engagierten Menschen anbietet. Darüber hinaus schafft die Allianz für Beteiligung mit ihren Förderprogrammen ein weites Spektrum für informelle Lernprozesse im bürgerschaftlichen Engagement.

e. Förderprogramme

Mit unseren Förderprogrammen und den dazu gehörenden rahmenden und qualitätssichernden Strukturen, eröffnen wir bei den Menschen vor Ort Lernanlässe für Bürgerbeteiligung unter Realbedingungen. Vor Ort kann erprobt werden, wie gemeinsam mit anderen das Lebensumfeld aktiv gestaltet und welche Wirkung das eigene Handeln auf Gesellschaft haben kann. Diese aktive Teilhabe schafft Verbundenheit, Solidarität und Vertrauen unter den Teilhabenden und trägt direkt zur Stärkung unserer Demokratie und des demokratischen Staatswesens bei.

Das gemeinsame Lernen vor Ort startet bereits mit dem Antragsprozess. Denn unsere Förderbedingungen sehen es vor, dass zivilgesellschaftliche Initiativen und kommunale Verwaltungen noch vor Antragsstellung miteinander in Kontakt treten, das Vorhaben miteinander planen und je nach Förderlinie das Projekt auch gemeinsam steuern und umsetzen.

Die Allianz für Beteiligung stellt in ihren Bildungsformaten den Bezug zwischen Lernanlass und der Alltagswelt der Teilnehmer*innen her. Und sie schafft Räume und Strukturen um sich auszuprobieren, um Erlerntes praktisch zu erproben und um sich mit anderen darüber auszutauschen. Auf diese Weise kann in Gemeinschaft miteinander und voneinander gelernt werden. Gleichzeitig stärkt ein solches Peer-to-Peer Lernen im Netzwerk die Solidargemeinschaft.

V. Warum für uns Kooperationen wichtig sind?

Die Allianz für Beteiligung versteht sich als Netzwerk. Dabei setzt sie auf das Prinzip der Kooperationen. Auch im Bildungsbereich wird nach dieser Prämisse gehandelt. Kooperationen einzugehen bedeutet, Ressourcen zu schonen und eröffnet die Chance, auf organisationaler und persönlicher Ebene, voneinander und miteinander zu lernen. Kooperationen stärken die beteiligten Partner*innen und vergrößern deren Potentiale. Deshalb finden viele unserer Angebote in Kooperation mit anderen statt.

Wir als Allianz für Beteiligung begreifen die Mitgestaltung dieser Lebenswelt als Prozess. Wir unterstützen Menschen darin, ihre Anliegen gemeinsam zu formulieren und auszuhandeln. Wir sensibilisieren in diesem Prozess für Schnittstellen zu anderen Prozessen und bestärken darin, Kooperationen einzugehen. Gelingt diese Form der Zusammenarbeit, führt sie zu besseren Ergebnissen, da sie gemeinschaftlich getragen sind. Auch ein Scheitern kann als Lernschleife für neue oder veränderte Prozesse dienen. Wir sehen in diesem prozessorientierten Denken und Handeln die Möglichkeit, gesellschaftliche und individuelle Resilienz zu stärken.