Pide und Demokratie

26. Februar 2024

Im Rahmen des Förderprogramms „Nachbarschaftsgespräche“ hat der Verein türkischer Arbeitnehmer in Lorch zu einem Workshop über Diskriminierungserfahrungen eingeladen.

Bereits vor Veranstaltungsbeginn tauschten sich Menschen im engen aber gemütlichen Vereinsraum mit der anwesenden Bürgermeisterin aus. Die aktuellen Baustellen in Lorch waren genauso Thema wie der einfache Satz: „Ach schön, dass wir uns mal wieder sehen“. Durch eine schmale, recht unscheinbare Eingangstür ging es zuvor in die Räumlichkeiten des seit Jahrzehnten in Lorch engagierten Vereins, der Anfang des Jahres in seine Förderung im Programm „Nachbarschaftsgespräche“ der Allianz für Beteiligung startete.

Mit Workshopbeginn entwich die Lautstärke und die rund 20 Interessierten starteten mit verschiedenen Einstiegsübungen gemeinsam in den Abend. Der kurzen Vorstellung zu Beginn der einzelnen Teilnehmenden konnte man entnehmen, dass die meisten schon über viele Jahre in Lorch leben und in der Stadt im Remstal verwurzelt sind.

Der gastgebende Verein bietet den Menschen vor Ort Räume des Austausches. Das Zusammenkommen sei aber seit der Corona-Pandemie und den einhergehenden Einschränkungen spürbar weniger geworden, berichtet der Vorsitzende des Vereins. Der Abend des Nachbarschaftsgesprächs sollte wieder ein Schritt zurück zu mehr Austausch und Verständigung sein.

In einem „Walk of Privilege“ wird das Gefühl gesellschaftlicher Ausgrenzung erfahrbar

Und das gelingt auch: Zum Beispiel mit dem „Walk of Privilege“ (weitere Infos zur Methode). Die durch die Moderation des Abends achtsam geleitete Methode soll den Teilnehmenden spielerisch vermitteln, wie sich Ausgrenzung in einer Gesellschaft anfühlt und wodurch sie entsteht. Und wie schwer es für einzelne Menschen ist, gesellschaftliche Hierarchien zu durchbrechen. Eine sichtbare oder unsichtbare Behinderung, ein Fluchthintergrund oder eine Scheidung: es gibt diverse Gründe, die Menschen in eine ausgegrenzte Position bringen können. Häufig liegen sogar verschiedene der Merkmale bei ein und derselben Person vor.

Mit diesen Eindrücken und einem theoretischen Input im Hinterkopf teilten manche Teilnehmende nun eigene Erfahrungen von Diskriminierung und auch unverhohlenem Rassismus. Den ganzen Abend über teilte sich die Moderation jeweils auf und dolmetschte dann, wenn ein deutscher Satz oder ein einzelner Begriff unklar geblieben war.

Der schweren Stille kurz nach den Schilderungen der selbst erlebten Beispiele folgte wieder eine Aktion. Mit der Methode des „Forum Theater“ (weitere Infos zur Methode) konnten Szenen, die die Teilnehmenden geschildert hatten, nochmals nachgestellt werden. Mit dem Vorteil, dass diesmal die Situationen angehalten und auch nochmals wiederholt werden konnten. So konnten alle Teilnehmenden im Kreis über mögliche Strategien und Lösungswege aus einer der konkreten Situation sprechen.

Ein intensiver Freitagabend, der zum Ende mit einem gemeinsamen Essen abgeschlossen wurde. Frische Pide wurden in den Raum gebracht und der Eindruck blieb: dieser Austausch könnte eine Fortsetzung finden. Mit der Bürgermeisterin wurden bereits Ideen über Folgeformate ausgetauscht. Das aufgegriffene Thema und die verschiedenen geteilten Erfahrungen lassen den Schluss zu, dass sich das Dranbleiben lohnen würde. Wir wünschen dem türkischer Arbeitnehmerverein und allen engagierten Lorcher*innen dabei alles Gute und kommen gerne einmal wieder in das Städtchen an der Rems!