Ein digitaler Blick nach Reutlingen
Nachbarschaftsgespräche in Reutlingen-Ringelbach
Die Nachbarschaftsgespräche Reutlingen-Ringelbach zeigen, dass man auch in Pandemiezeiten im Dialog bleiben kann. Nachdem die Voraussetzungen für ein analoges Treffen nach wie vor nicht gegeben sind, wird sich kurzum im virtuellen Raum getroffen. Wir konnten bereits in zwei der digitalen Treffen hineinhören.
So wurde im ersten digitalen Projektbesuch der Ringelbacher Nachbarschaftsgespräche festgehalten: Trotz der unterschiedlichen Hintergründe sind die Vorstellungen von einem lebenswerten Quartier ähnlich: Freundlichkeit, Sicherheit, Sauberkeit, gegenseitige Rücksichtnahme und Unterstützung machen für die Teilnehmer*innen das harmonische Zusammenleben im Ringelbach aus. Gegen zunehmende Anonymität und Egoismus wünschen sich die Einwohner*innen gemeinschaftsstiftende Aktivitäten und Orte der Begegnung. Statt immer mehr Discountern, möchte man im Ringelbach zentrale Orte. Diese sollen zum Plauschen und Kennenlernen einladen – sei es ein Café oder nur das ein oder andere gemütliche „Bänkle“. Gemeinsam wird überlegt, eine alte Tradition des gemeinsamen Glühweintrinkens wieder aufleben zu lassen oder Veranstaltungen, z.B. zum Thema Klimaschutz im Quartier durchzuführen.
Von der Stadtverwaltung wünschen sich die Ringelbacher*innen ein offenes Ohr für ihre Anliegen. Das sind z.B. Missstände bezüglich der Verkehrssituation oder im Bereich der Grünflächenpflege. Festgehalten wird an dieser Stelle von einem der Teilnehmer*innen: „Nachbarschaft ist harte Arbeit. Wenn die Stadt und die engagierten Ringelbacher*innen gemeinsam anpacken, haben sie gute Chancen ihr lebenswertes Quartier zu erhalten und weiterzuentwickeln.“
Als wir an einem Samstagmorgen noch einmal in die Reutlinger Nachbarschaftsgespräche hineinhorchen, wird klar: „Digital“ ist für die Reutlinger Nachbarschaftsgespräche kein Hindernis. In einer lockeren, entspannten Runde wird sich zunächst der Reihe nach vorgestellt. Die Moderation weist darauf hin, dass sie sich bei jedem Nachbarschaftsgespräch ein bisschen mehr trauen. Daher kündigt sie an, dass sie heute zusätzlich zu Webex und den Kleingruppen, ein neues digitales Tool ausprobieren möchten: MindMeister. Zuvor jedoch soll die Stadtverwaltung die Gelegenheit bekommen, die aufsuchenden internen Gespräche und die damit einhergehenden Ergebnisse mitzuteilen: In den vergangenen Gesprächen wurden Themen und Fragen aufgeworfen, die nicht direkt geklärt werden konnten. Hier kam z.B. die Frage auf, wieso manche öffentlichen Wiesen über eine längere Zeit nicht gemäht werden bzw. diese vernachlässigt werden. Durch eine Nachfrage beim Amt für Tiefbau, Grünflächen und Umwelt konnte hierzu bereits dargelegt werden: Manche Wiesen werden absichtlich länger nicht gemäht, um die Biodiversität zu erhalten. Auch wird darauf aufmerksam gemacht, dass es bereits die Möglichkeit gibt, eine Grünflächenpatenschaft zu übernehmen. Hierfür ist es dann möglich, Gerätschaften und Setzlinge zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Anschließend bittet die Moderation die zwei Gäste der eingeladenen Initiativen darum, ihre Stummschaltung aufzuheben und ihr Mikrofon anzuschalten. Mit Hilfe der Funktion „Bildschirm präsentieren“ in Webex gelingt es sehr gut – auch visuell – den Teilnehmer*innen Anreize für das Vorort-Geschehen zu bieten. Hierbei geht es u.a. um ein Projekt, das unterschiedliche Wohnformen in einem Quartier vorstellt. Die Teilnehmer*innen zeigen sich interessiert und können ihre Rückfragen an die Gäste stellen.
Nach einem kurzen digitalen „Durchschnaufen“ beginnt die Arbeit. Die Teilnehmer*innen werden von der Moderation in Kleingruppen verteilt sowie dazu aufgefordert, in dem Tool MindMeister eine Ideensammlung/Mindmap anzulegen. Der Link zum Programm wird im Chat von Webex geteilt. Im Programm ist bereits eine „Blase“ vorbereitet: „Aktionen für eine gute Nachbarschaft im Ringelbach“.
Alle Kleingruppen sollen in einer Mindmap zeitgleich ergänzen, sodass am Ende im besten Fall eine geordnete Aktionensammlung entsteht. Es soll dabei auch darum gehen Aktionen so festzuhalten, dass bereits einzelne Personen ausfindig gemacht werden können, die sich künftig einbringen möchten.
Ich habe zuvor noch nicht mit MindMeister gearbeitet und fand es eine super Idee, um Aktionen zu erarbeiten. Es hätte jedoch eine etwas ausführlichere Einweisung in das Programm geholfen, um direkt an die Arbeit gehen zu können. So sprachen wir zu Beginn in meiner Kleingruppe kurz über die Fragen: Kann jeder den Link öffnen? Kann jeder die einzelnen Punkte sehen? Möchte jemand Schriftführer sein? etc.
Da mit dem Öffnen des Links irgendwann auch ein Fenster auftaucht und der Nutzer gefragt wird, ob man sich anmelden möchte, kam es in meiner Gruppe zu Verwirrung. Dieses Feld konnte man einfach schließen und die Mindmap ohne Probleme weiter nutzen.
Ich nehme daraus für mich mit, dass bei einem Treffen ein paar Minuten länger eingeplant werden sollten, um bei einem überschaubaren Teilnehmerkreis, jeden der Teilnehmer*innen gedanklich und technisch mitzunehmen. Sicherlich ist es von Vorteil, wenn sich in einer Gruppe jemand bereit erklärt, die Rolle des Schriftführers zu übernehmen. Beim gleichzeitigen Nutzen einer Mindmap von mehreren Gruppen kann es auch hilfreich sein, wenn die hinzugefügten Punkte der anderen Gruppen, immer wieder laut für die eigene Kleingruppe vorgelesen werden. Spitze finde ich, dass sich die Anwesenden auf das neue Programm eingelassen haben, denn: Es ist ein gemeinsamer (digitaler) Lernprozess.
Als die Zeit der Kleingruppen abgelaufen war und wir alle in die große Gruppe „zurückgeholt“ wurden, konnten wir noch einmal gemeinsam einen Blick auf die Ideensammlung werfen. So fand sich doch noch der ein oder andere, der Interesse an der Mitwirkung einer der genannten Aktionen hatte.